Eine Freundin von mir erhielt kürzlich diesen Text von der Deutschen Rentenversicherung:
„Schadensereignis vom …
Sehr geehrte Frau …
Wir nehmen Bezug auf die bisherige Korrespondenz und bitten um Mitteilung, ob Sie zwischenzeitlich aufgrund des o.g. Schadensereignisses Schadensersatzansprüche geltend gemacht haben oder dieses noch beabsichtigen. Wenn ja, bitten wir um Mitteilung des Schädigers bzw. dessen Haftpflichtversicherung.
Für Ihre Mühe danken wir Ihnen im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen“
Meine Freundin schrieb zurück:
„Ich nehme Bezug auf Ihre Nachricht vom … , in der es um das „Schadensereignis vom …“ geht. Diese Ausdrucksweise ist sehr unsensibel und verletzend!
Es handelt sich um den Tod meiner geliebten Ehefrau – wie wäre es, wenn Sie in Todesfällen etwas menschenfreundlicher formulieren würden? …“
Was hindert Behörden daran, sich in die Menschen hineinzuversetzen, wenn sie einen Text verfassen? Ist Empathie hinderlich für die Arbeit einer Behörde?
Auch im Alltag fällt es uns oft schwer, die richtigen Worte zu finden, wenn jemand von einem schweren Schicksalsschlag getroffen wird.
Diese Sprachlosigkeit wird in der Amtssprache zugekleistert mit Worthülsen und scheinbarer Sachlichkeit. Es gibt Textbausteine für alle Fälle, die werden schnell zusammengesetzt und rausgehauen.
Wie dieser Text auf den Empfänger oder die Empfängerin wirkt, ist keine Überlegung wert. Für individuelle Ansprache ist keine Zeit, es müssen schließlich noch zig weitere Schreiben verschickt werden.
Dieses Vorgehen kann Menschen nicht nur ärgern, sondern auch kränken, wie das Beispiel zeigt.
Es ist an der Zeit, dass Verwaltung Bürgerorientierung nicht nur propagiert, sondern in ihrer Arbeit Ernst damit macht. Bürgernahe Sprache muss nicht nur einfach und verständlich sein. In der Sprache muss auch erkennbar sein, dass der Mensch gesehen und geschätzt wird.